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Kinderarbeit: Schnitte in der Hand und tote Ratten

Von: dpa

Meldung vom 08.06.2015

Ab Klasse 4  

Quiz von Silke Fokken

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Neu Dehli (dpa) - Nicht zur Schule müssen - in Deutschland würden sich viele Kinder darüber freuen. Das ist nicht überall so. In manchen Ländern sind die Familien so arm, dass die Kinder nicht in die Schule gehen können oder dürfen. Die Eltern schicken die Kinder stattdessen zur Arbeit, um Geld zu verdienen. So wie bei Shahid aus Indien. Er ist zehn Jahre alt - und wühlt in Sachen, die andere wegwerfen.

Shahid steht vor einem verrosteten Müllcontainer. Daraus quellen Papier, Plastik, Essensreste und anderer Abfall heraus. Die halbe Straße ist mit buntem, stinkendem Müll bedeckt. Darin steht eine Kuh und sucht nach etwas zu fressen. Am Rand des Müllteppichs arbeitet die Familie von Shahid. Mit bloßen Händen sortiert sie Milchtüten, Plastikflaschen, Glasflaschen und Metallstücke in einen riesigen Sack.

Shahids Eltern sind Müllsammler in dem Land Indien. Das liegt in Asien. Viele Menschen dort sind sehr arm. Für die Arbeit bekommen die Eltern von Shahid nur drei Euro am Tag. Damit die Familie ein bisschen mehr Geld bekommt, musste der Zehnjährige bis vor Kurzem auch mithelfen.

"Manchmal waren die Glasflaschen zerbrochen, dann habe ich mich geschnitten", erzählt er. Der Junge zeigt auf die Narben an seinen Händen. Ab und zu fand er auch eine tote Ratte im Müll. "Die musste ich dann hochheben und wegwerfen", sagt er angeekelt. Eigentlich ist Kinderarbeit in Indien verboten, genauso wie in Deutschland. Aber Shahid wohnt ganz am Rand der Hauptstadt Neu Delhi in einer Armensiedlung. So eine Siedlung heißt Slum. Dort kontrolliert niemand, ob Kinder arbeiten. Auch alle Freunde von Shahid waren Müllsammlerinnen und Müllsammler.

"Als ich vor ein paar Jahren angefangen habe zu arbeiten, fand ich das sehr schmutzig. Aber dann habe ich mich daran gewöhnt", sagt Shahid. Manchmal fand er auch etwas Nützliches im Müll. Zum Beispiel das rote T-Shirt, das er trägt. Und auch die viel zu großen Plastikschuhe an seinen Füßen.

Shahids Freund Hela ist auch zehn Jahre alt. Trotzdem kann er seinen Namen noch nicht schreiben. "Ich kann das ABC, aber die Buchstaben nicht zusammenfügen", sagt er. Shahid und Hela gingen nie in die Schule, solange sie gearbeitet haben. Doch seit April 2015 haben sie nun Unterricht. Die beiden Jungs müssen sehr viel aufholen. Sie wollen lernen, doch in den kleinen Hütten, in denen sie leben, ist das schwierig. Die Hütten sind nur aus Bambus und Plastikplanen gebaut. Sie heizen sich also wie ein Zelt auf. Wenn die Sonne darauf scheint, ist es drinnen mehr als 40 Grad heiß.

Deshalb gehen die beiden in das Lern-Zentrum der Organisation "Pahal". Dort können sie Hausaufgaben machen und besser Lesen und Schreiben lernen. Alle Kinder in dem Zentrum haben große Träume. Sie wollen Ärzte, Lehrer oder Polizisten werden. Shahids Berufswunsch ist Fußballspieler. Hela möchte Kricket-Spieler werden.

Tag gegen Kinderarbeit
Millionen Kinder auf der ganzen Welt müssen arbeiten, obwohl sie lieber lernen oder spielen sollten. Daran erinnert jedes Jahr der 12. Juni. Es ist der Tag gegen Kinderarbeit. Er soll auf das Problem aufmerksam machen.

Besonders viele Kinder müssen in Indien schuften. Oft sind das schwere und gefährliche Arbeiten: in einer dunklen Kohlemine zum Beispiel. Oder die Kinder klopfen Steine mit Hammer und Meißel. Manche arbeiten auch in Feuerwerks-Fabriken oder weben Teppiche.

Die meisten Kinder-Arbeiter seien aber in Häusern beschäftigt, sagt eine Expertin. Vor allem Mädchen müssen in Indien als Hausmädchen in fremden Häusern arbeiten. Das heißt: Wasser vom Brunnen holen, putzen, Wäsche waschen, kochen, auf Babys aufpassen. Viele hätten dort nicht einmal ein eigenes Zimmer, sondern müssten in der Küche auf dem Boden schlafen, erzählt die Expertin.
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