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Viele schwänzen aus Angst die Schule

Von: dpa

Meldung vom 05.04.2011

Ab Klasse 6  

Quiz von Silke Fokken

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Heidelberg (dpa) - Der Wecker klingelt, Aufstehen ist angesagt, die Schule fängt gleich an - aber manche Schülerinnen und Schüler bleiben einfach liegen. Oder sie gehen zwar aus dem Haus, aber nicht zum Unterricht, sondern irgendwo anders hin. Mehr als zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland schwänzen mehr als zwei Mal im Monat die Schule, sagen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Uniklinik Heidelberg. Also etwa jede zehnte Schülerin beziehungsweise jeder zehnte Schüler.

Einige fehlen so oft, dass sie jede Menge Stoff verpassen, miese Noten bekommen und am Ende einen schlechten oder gar keinen Schulabschluss haben. Die Gründe fürs Schwänzen sind dabei ganz unterschiedlich. Einige haben einfach keine Lust, stundenlang im Klassenzimmer zu sitzen. Aber bei vielen spielt auch Schulangst eine große Rolle, sagt der Experte Christoph Lenzen von der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Heidelberg. Einige Schülerinnen und Schüler hätten zum Beispiel Angst zu versagen, meint er. Sie kommen im Unterricht nicht gut mit, fühlen sich überfordert oder kommen einfach nicht mit dem Leistungsdruck klar.

Andere Schülerinnen und Schüler werden immer wieder geärgert und ausgegrenzt. Sie haben Angst, dass es in der Schule zu neuen Mobbing-Attacken kommt und wollen deshalb nicht hingehen. Viele Schülerinnen und Schüler sprechen aber nicht unbedingt über diese Ängste. Sondern sie sagen zum Beispiel, dass sie Bauschmerzen haben oder dass ihnen übel ist, erklärt Lenzen. Einige Kinder und Jugendliche, die nicht regelmäßig zum Unterricht gehen, hätten auch seelische Probleme, sagt der Experte. Viele würden unter Depressionen leiden, sich also oft traurig und verzweifelt fühlen, ohne dass es einen genauen Grund dafür gibt.

Um das Problem mit dem Schule schwänzen in den Griff zu bekommen, wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Uniklinik Heidelberg nun bei einem großen europäischen Forschungsprojekt mitmachen. Das teilten sie Anfang April 2011 mit. Bisher ist es so, dass hartnäckige Schwänzerinnen und Schwänzer von der Polizei zum Unterricht gebracht werden. Mit dem Projekt "We stay" - auf Deutsch: wir bleiben - wollen die Expertinnen und Experten herausfinden, wie sich verhindern lässt, dass Kinder und Jugendliche überhaupt schwänzen.

Die Forscherinnen und Forscher wollen dazu ab Oktober 2011 verschiedene Programme testen. Bei dem Programm "Schulfehlzeiten-Kontrolle" werden die geschwänzten Tage der Schülerinnen und Schüler erfasst, und die Jugendlichen bekommen die Zahl zurückgemeldet. Ein weiteres Programm bietet zusätzlich noch eine professionelle Beratung für alle Jugendlichen. Beim "Schülertraining" wird im Unterricht ausführlich über das Thema Schule schwänzen und Schulverweigerung informiert. Das vierte Programm setzt sich aus der Beratung und dem "Schülertraining" zusammen.

An der Studie sollen sich ab Oktober 1600 Schülerinnen und Schüler zwischen 14 und 18 Jahren aus dem Rhein-Neckar-Gebiet beteiligen: Europaweit sind es insgesamt 9600 Jugendliche aus sechs Ländern.
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